Japan,  Japan 2016

Endzeitstimmung

 

Der Abschied von Nagasaki ist jedes Mal einer der traurigsten. Und zeitig war er auch! So zeitig, dass im Bus nebenan sogar ein Mann mit Schlafbrille auf den Augen seinen Arbeitsweg optimal nutzte.

 

Wir zogen weiter nach Kumamoto, wo wir wie im vorherigen Jahr ein Auto bei Nissan mieteten. March ist dies mal feuerrot statt weiß, bringt uns aber ebenso von A nach B. Schon gestern Abend hatten wir gelesen, dass der Weg zum Vulkan Aso nicht passierbar ist, aufgrund der immensen Schäden vom Erdbeben im April diesen Jahres. Und auch Aso Farmland, der kleine Vergnügungspark ließ auf seiner Homepage verlauten, dass es geschlossen sei. Nichtsdestotrotz machten wir uns erst einmal auf den Weg.

Wir fuhren lange, bis wir Aso Farmland erreichten und schon von weiten sahen, dass der komplette Eingangsbereich eingerüstet ist und der Park, in Trümmern liegend kaum passierbar. Doch wir wären nicht in Japan, wenn nicht auch hier alles gegeben werden würde. Auf improvisierten Wegen konnte man noch drei Attraktionen des Parkes (von eigentlich unzähligen) besuchen und darunter war auch das Streichelgehege, auf das ich mich so freute. Wir beschlossen also, erst einmal unseren Weg in Richtung Vulkan fortzusetzen und auf dem Rückweg nochmal einen Stop im Farmland einzulegen.

 

Nach einer zehnminütigen Fahrt zeigte unser Navi schon Straßensperrungen an, von denen wir uns aber erst einmal nicht beirren ließen. Auch ein Schild am Straßenrand, dass wir nicht entziffern konnten, ließen wir links liegen. Kurz darauf konnten wir uns jedoch denken, was es zum Ausdruck bringen wollte.

 

Während der Fahrt sahen wir, dass auf dem Nebenstreifen einfach ein riesiges Stück Straße fehlte und dort ein Loch klaffte. Wir parkten March an einem noch befestigten Stücken und gingen zu Fuß weiter, um das ganze Ausmaß sehen zu können: das Beben hatte einen Erdrutsch ausgelöst, welcher die Straße einerseits überschüttete, andererseits fehlten einfach ganze Straßenpassagen. Vor uns klaffte ein wahnsinnig großer Abgrund, wo wir letztes Jahr noch nichts ahnend entlangfuhren.

 

Etwas geschockt verließen wir den verstörenden Ort und fuhren an einigen kaputten Häusern zurück in Richtung Farmland. Wir peilten eine laut äußerer Ansicht nach deutsche Gaststätte an und liefen vorbei an sieben jungen Männern, die vor einer Art Schlachterei und Räucherei auf Arbeit warten. Das Restaurant selbst war so verlassen wie der Rest der Gegend, jedoch unwahrscheinlich liebevoll und im urig bayrischen Stil eingerichtet.

 

Wir aßen eine Wurstplatte mit frisch aufgebackenen Brötchen und fühlten uns wie in einem Endzeitfilm, in dem wir gerade die letzten Überlebenden gefunden hatten. Wir bizarr war der Tag bis her – in einer vom Erdbeben zerstörten Gegend in Japan aßen wir eine Wurstplatte im deutschen Restaurant „Bayern“.

 

Dass der Tag noch einiges an Überraschungen bereit hielt, erfuhren wir in Farmland. Trotz kaum gebliebener Möglichkeiten, den Park, der einer Baustelle glich. Zu nutzen, waren scheinbar noch alle Angestellten da und gingen einer Aufgaben nach.

Das heiß ersehnte Streichelgehege hatten wir so gut wie für uns. Nur zwei weitere Frauen und drei Pfleger waren in dem großen Areal zu finden.

Ein Pfleger schien den ganzen Tag damit beschäftigt zu sein, etwas Frisches für die neugierigen Springhasen und die verschmusten Wasserschweine zu schneiden. Ein anderer Sprach mit den Papgeien.

Eine weitere Besucherin, die die ganze Zeit begeistert den Biber fotografiert hatte, öffnete Plötzlich seine Gehegetür, ließ ihn draußen ein paar Stöcke einsammeln und sah ihm verzückt zu, wie er seinen Weg zurück auf die Burg suchte. Das wurde von den Pflegern mit einem Lächeln beobachtet, bis sie schließlich alle drei mit der Besucherin und uns am Bibergehege standen und ihm beim Bauen zusahen. Sie hatten sonst nichts weiter zu tun. Auch das war wieder eine so merkwürdige Situation, dass wir manchmal meinten zu träumen.

 

Ungern trennten wir uns von dem privaten Streichelzoo und fuhren weitere drei Stunden nach Beppo zu unserer Unterkunft. Bei der Fahrt hörten wir durch die geschlossenen Fenster die Zikaden am Straßenrand lautstark zirpen.

 

Am Abend aßen wir eine gigantisch große Udonsuppe und kauften im Supermarkt für den nächsten Tag ein.

 

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