Japan,  Japan 2016

Mega kuhl und extra schaf

Der heutige Tag war so vollgepackt, dass wir locker hätten zwei daraus machen können. Wir fuhren zunächst mit dem Bus vom Sannomiya Bahnhof aus zum Mount Rokko. Auch zwei chinesische Pärchen machten den Anschein mitfahren zu wollen, kehrten allerdings nach kurzer Diskussion mit dem Fahrer wieder um. Wir jedoch starteten unsere Fahrt zum Berg. Dort stiegen wir zuerst in eine Bergbahn ein und fuhren zum mittleren Teil des Berges, wo uns erstes Ziel zu finden war. Das alte Maya Hotel, welches schon seit 20 Jahren leersteht und als einer der beliebtesten Lost Places in Japan gehandelt wird. Es war nur etwa 20 m von der Bahnstation entfernt und über einen kleinen Weg zu erreichen, der allerdings mit einem Tor abgesperrt war. Drüber zu springen wäre kein Problem, nur fegte genau nebenan ein Opi in aller Seelenruhe den Boden. Um seriös zu wirken gingen wir zur nächsten Station, der Seilbahn und sahen uns nebenher nach Alternativwegen um, was sich als schwierig herausstellte, da es vom Berg aus überall steil nach unten abfiel.


Die Seilbahn fuhr weit über den Baumspitzen bis hoch auf den Berg, sodass man eine umwerfende Aussicht auf ganz Kobe hatte.

Als Ziel auf Mt. Rokko hatten wir uns die Rokko Pasture gesetzt – eine kleine Almfarm, in der es Schafe und Kühe geben soll. Dies hatte uns Tomo noch empfohlen.
Wir liefen nach der Beschilderung die unendlich vielen Serpentinen entlang, schlossen uns zwischenzeitlich einer Rentner Reisegruppe an, die erstaunlich gut Schritt hielt und liefen 4,8 km bei über 30°C und praller Sonne. Ab und an streifte eine winzige, quietschblaue Schlange unseren Weg und verschwand rascheln im Gebüsch.
Endlich auf der Farm angekommen, gönnten wir uns als erstes ein Kuhmilcheis und versuchten die Atemfrequenz und die Gesichtsfarbe in Normalzustand zu versetzen.
An den kleinen Imbiss schloss sich sofort ein riesiges, einer schweizer Bergalm anmutendes, Areal an, indem viele dickwollige Schafe frei herumliefen.
Wir wuschen uns die Hände (wobei das sicher für nach den Schafkontakt vorbehalten war) und tasteten uns erst einmal langsam in dem großen Gelände vorwärts.
Doch kaum hatte ich mich zum ersten Schaf gebeugt, um es zu streicheln, kam Nummer zwei. Als das dritte kam, hatte ich schon Probleme zu koordinieren, welches ich zuerst kraulen sollte. Dieses war jedoch so stürmisch, dass es mich gleich umwarf und ich so anscheinend noch sympathischer für den Rest der Herde wirkte. Mein absoluter Kumpel wurde Nummer 304, das schwarze Schaf, dass seinen Kopf am liebsten gegen meinen lehnte.
Als sich ein Japaner an einem Wasserhahn die Hände waschen wollte, kam ein Schaf angestürmt und trank sichtlich begeistert aus dem Hahn. Darin hatte es offenbar noch keine Übung, sodass es sich verschluckte und ich zum ersten Mal ein Schaf husten sah und hörte.
Über die Alm und an etlichen weiteren Schaf mehr oder weniger vorbei, gingen wir zum Kuhgehege und anschließend Mittagessen im Restaurant. Da im Laden darunter die beiden Mitarbeiterinnen unter anderem Milch verkauften, hatten sie lustige Kuhhüte auf. Wir fragten, ob wir von ihnen ein Foto machen dürften, worauf diese erst etwas verschämt, dann jedoch laut lachend neben uns standen, als ein Mann vom Nebentisch am Fotoauslöser vorerst scheiterte.

 

Diesmal fuhren wir mit dem Bus die 4,8 km zurück zur Seilbahn und staunten nicht schlecht, als an der Endhaltestelle die beiden Chinesenpärchen wieder irritiert versuchten, den Bus zu entern.
Wir genossen noch einmal den Blick aus der Seilbahn und überlegten beim Anblick des nahegelegenen Maya Hotels, wie wir denn am günstigsten dahin kämen. Variante A sah wie folgt aus: wie stiegen einen Wanderweg hinab und kamen an drei komplett von einem Taifun zerstörte Häuser. Das kaputte Mobiliar lag ebenso im ganzen Wald verstreut, wie Teller, Tassen, Töpfe und Kleidung. Buchstäblich auf den Trümmern vorheriger Leben kämpften wir uns querfeld ein, am Berghang entlang Richtung Hotel. Spinnen ausweichend, an Lianen halt suchend und kletternd, scheiterten wir jedoch an der Seilbahn, die genau unseren Weg kreuzte, Wir kraxelten also zurück und versuchten uns in Variante B: so tuend als würden wir fotografieren, tasteten wir uns immer näher an das abgesperrte Tor heran. Als niemand mehr am angrenzenden Wärterhäuschen zu sehen war und wir noch unseren inneren Schweinehund bekämpft hatten, sprangen wir beherzt über das Tor und rannten den schmalen Weg in den Wald, bis wir außer Sichtweite waren.
Das Hotel selbst war alle Mühe wert. Seit zwanzig Jahren leerstehend, hat es kein wenig an Charme verloren. Man konnte sich bildlich vorstellen, welchen Prunk es damals geboten haben muss. Vereinzelt fand man zwischen den vielen Trümmern, die unzählige Besucher hinterließen, noch einzelne Relikte aus der alten Zeit: ein Telefon, Stühle, Ventilatoren, Lampen.
Ein traumhafter Ort, wenn man sich für Häuser als Boten der Vergangenheit interessiert und nur zu empfehlen.
Von den Eindrücken erschlagen, fuhren wir mit Bergbahn und Bus wieder zurück an unsere Station.
Nach einer kurzen Rast im Hotel liehen wir uns zwei Fahrräder aus und fuhren zum Hafen, um auf den Kobe Tower zu fahren und uns Kobe bei Nacht anzuschauen.
Anschließend aßen wir zwei unfassbar leckere Okonomiyaki und gondelten spät abends original japanisch – mit Einkäufen und Pokemon Go laufendem Telefon im Körbchen – zurück zum Hotel.

 

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